Die katholische Studenten-Verbindung Winfridia Breslau zu Münster hat am Samstag, 12. Oktober, in der Münsteraner Mensa am Aasee ihr 18. Winfriden-Symposium abgehalten. Unter dem Motto „Der Zustand der katholischen Kirche – eine Systemkrise und Machtfrage“ analysierten und diskutierten die Burschenschaftler mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kirche, Wissenschaft und Gesellschaft über die Krise der Kirche, deren Macht- und Ämterfrage, Maria 2.0 und die Präventionsarbeit des Bistums.
„Der Bewegung Maria 2.0 geht es dabei nicht nur um die Rolle der Frau in der Kirche, sondern auch darum, Leitungsstrukturen zu verändern und in aller Öffentlichkeit und Lautstärke deutlich zu machen: es ist fünf nach Zwölf. Es muss sich etwas verändern und zwar jetzt und heute“, forderte Kerstin Stegemann, Vorsitzende des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster, zu Beginn ihres Kurzvortrags über Maria 2.0.
Sie zeigte sich dankbar darüber, dass es unter den Ehrenamtlichen in der Kirche noch zahlreiche Menschen gebe, „die sich weiter für die Botschaft Jesu einsetzen, die nicht gehen, sondern an der Zukunft unserer Kirche mitarbeiten wollen“. Die in Münster entstandene Initiative verstehe sich dabei als Bewegung, die „Stachel im Fleisch sein möchte“. Stegemann selbst bezeichnete sich als „Sympathisantin“ dieser Bewegung.
„Es ist an der Zeit, eine Möglichkeit zu finden, Frauen zum Weiheamt zuzulassen“, brachte Pfarrer Hans-Bernd Köppen aus der Pfarrei St. Lamberti in Münster in diesem Zusammenhang die Ämterfrage ins Spiel. „Ist das überhaupt möglich?“ Er persönlich glaube, dass es gar nicht anders mehr gehen werde, „sonst zerbricht die Kirche“. Daher sei es wichtig, dass der Zugang zum priesterlichen Amt Thema auf dem Synodalen Weg sei, der im Dezember starte.
In der sich anschließenden Diskussion unter dem Motto „Die katholische Kirche in stürmischer See“ bezog der Interventionsbeauftragte des Bistums, Peter Frings, Stellung zum Vorwurf der Missbrauchsvertuschung aus den 1980er Jahren. Der damalige Münsteraner Generalvikar und spätere Hamburger Erzbischof Werner Thissen hätte von einem Missbrauchsfall Kenntnis erhalten, aber nicht gehandelt. Frings verwies dabei auf das vom Bistum Münster in Auftrag gegebene Forschungsprojekt an der Universität Münster, das herausfinden solle, wer wann was im Bistum zum Thema Missbrauch kommuniziert und gegebenenfalls Hinweise vertuscht habe. Das Forschungsprojekt sei am 1. Oktober gestartet.
„Da wird auch der Fall Thissen angeschaut werden“, versicherte Frings. „Wir haben uns bewusst für eine externe Kommission entschieden, denn wir wollen uns von außen etwas sagen lassen“, fuhr er fort, „um jeglichen Vertuschungsvorwurf zuvorzukommen.“ Denn: „Die Kirche hat ein großes Glaubwürdigkeitsproblem.“
Stegemann verwies dabei auf die „gute Präventionsarbeit“ des Bistums. So fahre keiner als Gruppenleiterin oder -leiter in ein Ferienlager, ohne zu dem Thema geschult worden zu sein. „Es gibt ein deutliches Problembewusstsein im Bistum“, betonte die Vorsitzende des Diözesankomitees. „Und es wird gehandelt.“ Das Bistum Münster leiste gerade viel, „um Vertrauen wiederherzustellen“.
Zuvor war Norbert Kleyboldt, früherer Generalvikar im Bistum Münster, auf den Wandel von Kirche in der Gesellschaft eingegangen. Die Kirche müsse sich den Zeichen der Zeit im kritischen Dialog stellen, forderte er. „Künftig werden wir uns als Christen unter Andersdenkenden bewähren müssen.“ Die größte Herausforderung in der Seelsorge auf dem Weg von der Volkskirche zur Gemeindekirche sei es, die letzten Bindungen zu den Fernstehenden nicht abreißen zu lassen und zugleich nicht zu versäumen, eine sehr aktive Gemeinde aufzubauen, sagte der frühere Generalvikar. Weil die Kirche zunächst die Gemeinschaft aller Getauften sei, gelte es, Christen in hohem Maße zur Mitverantwortung heranzuziehen: „In vielen Pfarreien ist der Prozess, trotz mancher Schwierigkeiten, weit fortgeschritten“, lobte Kleyboldt und nannte beispielhaft den Einsatz von Religionslehrern, Pastoralreferenten, Gremienmitgliedern und Katecheten. Darüber hinaus müsse es auch Platz für die unterschiedlichen Bedürfnisse und Arten der Frömmigkeit geben. „Die Mannigfaltigkeit in der Kirche ist Zeichen ihrer Vitalität“, betonte er. Gerade in einer solch verstandenen Einheit sei auch das Modell künftiger Ökumene zu sehen.
Text und Foto: Jürgen Flatken/Ann-Christin Ladermann, Bischöfliche Pressestelle