Bischof Felix: „Ich kann meinen Dienst nur tun, weil ich mich gestärkt von Ihnen weiß.“

Brigitte Lehmann, Vorsitzende des Diözesankomitees, Bischof Felix Genn, Maria Bubenitschek, geistliche Beirätin, und Festrednerin Liane Bednarz (v.l.n.r.) folgen interessiert der Einführung des Vorsitzenden Ulrich Vollmer. | Foto: Anselm Thissen

Das Diözesankomitee im Bistum Münster hat seinen Liudgerempfang aus Anlass des 125. Geburtstags des Ludgerus-Doms am Sterbeort des heiligen Liudger, dem ersten Bischof von Münster, in Billerbeck veranstaltet. Die Teilnehmenden gingen der Frage nach, ob in den Kirchen rechtspopulistische Tendenzen auf dem Vormarsch seien. Bischof Felix Genn rief in seinem Grußwort dazu auf, „als Christ, hochsensibel gegenüber solchen Tendenzen zu sein und sich dagegen zur Wehr zu setzen“. Die Publizistin und Juristin Liane Bednarz sah verbindende Themen zwischen Rechtspopulisten und rechten Christen.

„Es ist mir eine Herzensangelegenheit, Ihnen heute zu danken“, wandte sich der Münsteraner Bischof Felix Genn zu Beginn des Liudgerempfangs an die Vertreterinnen und Vertreter aus Gesellschaft, Politik und Kirche. „Ich danke Ihnen, dass Sie als Laien Ihre Taufberufung engagiert leben. Ich kann meinen Dienst als Bischof nur tun, weil ich mich gestärkt weiß von Ihnen, allen Widrigkeiten unserer Zeit zum Trotz.“ Es sei nicht mehr selbstverständlich, dass sich Menschen neben Familie und Beruf auch noch in der Kirche engagieren würden.

Im Kontext des Synodalen Wegs hätte sich die Kirche vor allem um innerkirchliche Themen bemüht. „Bei aller Notwendigkeit besteht dabei die Gefahr, uns nur auf uns selbst zu konzentrieren“, fuhr Bischof Felix selbstkritisch fort. „Daher bin ich Ihnen als Diözesankomitee sehr dankbar, dass Sie den Blick weiten über den Kirchraum hinaus. Sie gestalten als Christen diese Welt mit. So setzen sie sich u.a. für den Frieden und die Bewahrung der Schöpfung ein.“

„Ich nehme auch in der Kirche rechte Tendenzen wahr“

Deshalb freue er sich auch darüber, dass der Vortrag von Liane Bednarz zu rechtspopulistischen Tendenzen in der Kirche ein „hochaktuelles Thema“ aufgreife. „Es gilt, als Christen, hochsensibel gegenüber solchen Tendenzen zu sein und sich dagegen zur Wehr zu setzen. Wir dürfen davor nicht die Augen verschließen“ und weiter, „Ich nehme auch in der Kirche rechte Tendenzen wahr: Priester und Gläubige, die nostalgisch auf die Vergangenheit zurückblicken, sich diese zurückwünschen und gleichzeitig den Menschen erklären, wie richtig geglaubt wird.“

„Haltung und Person trennen“

Die Hamburger Publizistin und Expertin für rechte Christen Liane Bednarz warnte in ihrem Vortrag vor einem zunehmenden Einfluss rechtspopulistischer Christen in Deutschland. Begriffe wie „Merkel-Regime“, „Lückenpresse“ oder „Corona-Diktatur“ hätten Eingang in das Denken mancher konservativ-christlicher Kreise gefunden.

Es gebe aber nicht nur eine feste Szene, auch Einzelpersonen fielen zunehmend mit rechtspopulistischen Positionen auf. „Viele haben diese Leute in ihrer Gemeinde. Pfarrer fragen mich immer wieder, wie sie damit umgehen sollen“, sagte Bednarz. „Ich rate ihnen in solchen Fällen, zwischen Haltung und Person zu trennen.“ Sie sollten so eine Person als jemanden sehen, der sich habe verführen lassen. Pfarrer sollten in Bibelkreisen theologisch auffächern, wer in der Bibel der Nächste sei: „nämlich der Nächste in der jeweils konkreten Situation.“ Damit könne man Rechte konfrontieren, in der Hoffnung, Zweifel zu säen. „Ich halte das für den einzigen Weg.“ Der auch von den Kirchen unterstützt werden müsse. „Man darf die Leute an der Basis nicht allein lassen.“ Schwierig werde es, wenn ein Pfarrer selbst rechtspopulistisches Gedankengut verbreite. „Die Kirchen dürfen das nicht dulden“, so Bednarz.

Konservativ gleich rechts?

„Konservative, und dazu zähle ich mich auch selbst, wollen die Welt, wie wir sie kennen, bewahren.“ Sie hätten einen positiven Blick auf die Gesellschaft und würden diese nicht mit Verfallsrhetorik oder Verschwörungstheorien überziehen, anders als die Rechten. Mit Blick auf die katholische Kirche würde sie „daher nicht von Rechtsextremismus sprechen, sondern von einer Abgrenzung zwischen gut-katholischem konservativen Gedankengut und jener Gruppe konservativer Katholiken, die die Grenze zum Rechtspopulismus überschreiten und rechtspopulistische Positionen übernehmen.“

Ulrich Vollmer, Vorsitzender des Diözesankomitees dankte Frau Bednarz für ihre eindringlichen und klaren Worte. Es sei deutlich geworden, dass „wir als Christinnen und Christen wachsam sein müssen, damit rechtspopulistischen Tendenzen in unseren Kirchen – und damit auch in unserer Gesellschaft, denn wir verstehen uns als Kirche mitten in unserer Gesellschaft – keinen Platz finden“.