„Der Synodale Weg muss gelingen“ – Talk im Medienhaus in Münster

Über den Synodalen Weg diskutierte unter anderem WDR-Moderatorin Yvonne Willicks, hier befragt von Moderator Markus Nolte.

Er muss gelingen, der Synodale Weg, auf dem sich Bischöfe und Laien in der katholischen Kirche in Deutschland gemeinsam befinden, um dieser Kirche wieder Glaubwürdigkeit und Zukunft zu erarbeiten: In diesem Punkt sind die Gäste eines Talk-Abends des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster und von „Kirche+Leben“ im Medienhaus des Bistums in Münster einig. „Ich erwarte, dass sich die Diözesanbischöfe verpflichtet fühlen, Beschlüsse umzusetzen“, sagt etwa Jannis Fughe, Bundesvorsitzender der Katholischen Landjugendbewegung.

Geschehe nichts, dann sei das doch das Eingeständnis: „Wir akzeptieren es, wie es vor Bekanntwerden des Missbrauchsskandals in der Kirche war.“ Gedanken wie „Klerikalismus“ und „Benachteiligung von Frauen“ dröhnen ungesagt im Raum.

Aber was kann sich ändern? „Beim Thema Macht und Gewaltenteilung geht eine ganze Menge“, wirft Münsters Generalvikar Klaus Winterkamp ein. Gemeindeleitung durch Pastoralreferenten, durch Frauen: „Das haben wir schon im Bistum.“

„Einfach mal machen“

Für genug hält das niemand. „Der Synodale Weg soll nicht bloß Dinge legalisieren, die wir vorgestern schon längst gemacht haben“, findet Pastoralreferentin Cäcilia Leenders-van Eickels aus Recklinghausen. Haupt- und Ehrenamtliche aller Pfarreien der Ruhrgebiets-Stadt hätten in einem „Stadtkonzil“ bereits vor Jahren konkrete Schritte vereinbart: „Es gibt bei uns keine Kirche, wo nicht Pastoralreferentinnen und -referenten predigen – nach dem Evangelium.“

„Einfach mal machen“ – dieser Stoßseufzer durchzieht den Abend. Margret Pernhorst, frühere langjährige Vorsitzende des Diözesankomitees und schon an den Beratungen des Diözesanforums im Bistum Münster 1994 bis 1997 beteiligt, greift ihn auf: Mehr Freiheiten für Pfarreirat und Kirchenvorstand vor Ort wünscht sie sich, Strukturen sollten „Hilfestellung sein“, nicht mehr. Von Bistumsverwaltungen erhofft sie „Beratung statt Einengung“.

„Es dauert zu lange“

Greifbar ist die Ungeduld. Yvonne Willicks, WDR-Fernsehmoderatorin, frisch ins Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gewählt und bei Katholischer Frauengemeinschaft und Kolping engagiert, hadert mit dem Synodalen Weg: „Weil das einfach viel zu lange dauert.“

„Altbacken“ findet die ZdK-Frau die Arbeit der Gremien. Sie erinnert an die vom Vatikan verbotene Segnung homosexueller Paare, die es gleichwohl in mehr als 100 Gottesdiensten im Mai in Deutschland gab: „#liebegewinnt ist aus den Gemeinden gekommen, nicht aus den Gremien.“ Von „Synodalität“ hat sie in den Statements des Talk-Abends gehört – da sei doch wohl Gemeinschaft gemeint, aber: „Sprecht doch bitte so, dass es jeder versteht und nicht nur eure kirchliche Blase!“ Willicks erntet mehrfach spontanen Applaus.

„Ämterfrage stellt sich auch für Frauen“

Auch wenn wohl nicht in Deutschland lösbar – an der Ämterfrage kommt der Abend nicht vorbei: „Wir müssen Wortgottesdienste feiern, weil nur zölibatäre Männer Eucharistie feiern dürfen“, bedauert Pastoralreferentin Leenders-van Eickels. Sie könne nicht fassen, dass das Amt über dem Auftrag Jesu stehe: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“

Generalvikar Winterkamp räumt ein: „Die Amtsfrage stellt sich für alle – auch für die Frauen.“ Er kann sich vorstellen, dass neue Ämterformen entstehen. Auch der Ständige Diakonat sei nach Jahrhunderten wiederbelebt worden.

„Traut dem Prozess!“

Martina Kreidler-Kos, Leiterin der Hauptabteilung Seelsorge im Generalvikariat des Bistums Osnabrück, arbeitet im Forum „Leben in gelingenden Partnerschaften“ des Synodalen Wegs mit. Sie ruft dazu auf, „dem Prozess zu trauen“, Veränderungen schon unterwegs wahrzunehmen. Das deutsche Modell hält sie für ein „Übungsfeld für den weltweiten synodalen Weg“, den Papst Franziskus angekündigt hatte.

„Wir müssen wider die Resignation die Hoffnung stark machen“, fordert sie. Dazu gehöre auch, „den Glauben beim Anderen zu entdecken“, der nicht der eigenen Meinung sei.

Zuhörer digital beteiligt

Über das digitale Kommentar-Werkzeug „Menti“ können sich nicht nur die knapp 60 Zuhörer im Medienhaus einbringen, sondern auch jene, die den Live-Stream bei „Kirche-und-Leben.de“ verfolgen – der läuft während des Abends kontinuierlich auf rund 140 Geräten, unter anderem bei einem „Public Viewing“ in einem Pfarrheim in Kleve-Kellen am Niederrhein. Auch Zuschauer in Leipzig, auf Norderney und in St. Pölten in Österreich melden, dass sie den Abend verfolgen, den Kerstin Stegemann vom Diözesankomitee und Markus Nolte von „Kirche+Leben“ moderieren.

„Menti brennt“, meldet Susanne Deusch, die die Kommentare sortiert. „Nicht mehr fragen, sondern machen“, fordert ein Zuschauer. Auch Skepsis mischt sich in die Reaktionen. „Wir sprechen doch über dieselben Themen wie beim Diözesanforum in den Neunzigern“, bemerkt jemand. Ein anderer fragt: „Hat die Bistumsleitung den Mut, allein voranzugehen?“

Wie weit weg ist die Kirche?

Generalvikar Winterkamp gibt zu bedenken, dass der Synodale Weg trotz allem eine recht binnenkirchliche Debatte bleibe. Er erzählt von Gesprächen mit jugendlichen Verwandten: „Die sind mit ihren Fragen und Themen so weit weg von Kirche – und wir kriegen das gar nicht mit.“

Diesen Gedanken greift auch Jonas Heidebrecht auf. Der „Graphic Recorder“ hält seine Eindrücke des Abends parallel kreativ fest: „Ich habe ein Schiff mit einem Kreuz drauf gezeichnet. Es ist relativ klein, weil es weit weg ist von der Insel hier, wo gerade jemand auf der Suche ist.“

Neue ZdK-Präsidentin gefunden?

Ob der Synodale Weg hilft, das „Schifflein Kirche“ wieder näher an die Suchenden zu navigieren? Jedenfalls könnte in Münster eine wichtige Personalie des deutschen Katholizismus vorentschieden worden sein: ZdK-Präsident Thomas Sternberg scheidet im Herbst aus dem Amt – „Frau Willicks for president“, schlägt ein Zuschauer per „Menti“-Kommentar vor.

 

Text: Jens Joest, Kirche+Leben
Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben